Wie genau sind Suunto HR Sensoren?

Ein Suunto HR Sensor
Ein Suunto HR Sensor | (C) Johannes Horak

Diesmal gehts nicht direkt um ein wissenschaftliches Thema, mehr um eine Spielerei, aber dennoch eine Fragestellung der man sich mit wissenschaftlicher Methodik nähern kann. Ich laufe und wandere gerne und viel und verwende, um diese Aktivitäten aufzuzeichnen, eine Suunto Spartan. Dazu habe ich einen Sensor vom selben Hersteller der die Herzfrequenz misst (HR Sensor). Was ich mich aber schon öfter gefragt habe ist, wie genau dieser HR Sensor nun denn tatsächlich ist. Im Rahmen einer sportmedizinischen Gesamtuntersuchung ergab sich eine praktische Möglichkeit die HR Sensordaten mit denen eines EKGs zu vergleichen und eine Antwort auf diese Frage zu finden.

HR Sensor und EKG

Womit haben wir es zu tun? Die HR Sensoren von Suunto sehen wie im folgenden Bild aus.

Ein Suunto HR Sensor
Ein Suunto HR Sensor

Es handelt sich um einen Chip der an einen dehnbaren und vom Umfang her frei einstellbaren Brustgurt angebracht werden. Der Sensor verbindet sich per Bluetooth mit der Sportuhr, kann aufgrund der Verwendung dieses Übertragungsprotokolls aber auch mit Fitnesstrackerapps am Smartphone verwendet werden oder anderen Geräten die Bluetooth unterstützen.

Die Untersuchung selbst läuft so ab, dass möglichst konstant geradelt werden soll und alle drei Minuten der Widerstand am Ergometer um 50 Watt erhöht wird. Es wird also immer anstrengender. Das Ganze geht dann so lange bis man aufgibt, in meinem Fall war das etwa bei Minute 21 gegeben, danach wird noch beobachtet wie die Herzfrequenz wieder abnimmt.

Während der sportmedizinischen Gesamtuntersuchung wurde, während ich mich auf einem Ergometer abstrampelte, ein EKG geschrieben und aus dessen Daten wird unter anderem die Herzfrequenz gewonnen. Die Frage mit der wir uns beschäftigen ist:

Wie nahe liegt nun die mit dem oben gezeigten HR Sensor gemessene Herzfrequenz an jener des mittels EKGs bestimmten?

Ein erster direkter Vergleich

Herzfrequenz gemessen mit Suunto HR Sensor und EKG
Herzfrequenz gemessen mit Suunto HR Sensor und EKG

In einer ersten überblicksweisen Betrachtung fällt zunächst auf, dass die Herzfrequenzkurve von EKG und Suunto Sensor großteils sehr nahe beinander liegt, nur an zwei Stellen sind größere Abweichungen sichtbar. Das ist schonmal ein gutes Zeichen, grundsätzlich scheint der Sensor sehr brauchbare Daten zu liefern. Quantifizieren wir dies dennoch noch etwas genauer.

Bereiche mit Abweichungen

Herzfrequenz gemessen mit Suunto HR Sensor und EKG, Stellen mit Abweichung sind gesondert gekennzeichnet
Herzfrequenz gemessen mit Suunto HR Sensor und EKG, Stellen mit Abweichung sind gesondert gekennzeichnet

Zunächst betrachten wir die beiden Stellen wo sich deutliche Abweichungen ergeben. Im Plot zuvor ist die erste Stelle blau markiert, hier liefert die der HR Sensor von Suunto höhere Herzfrequenzwerte als das EKG aufgezeichnet hat. In der orange markierten Region hingegen ist es umgekehrt, die EKG Werte liegen höher als jene des Sensors.

Ein erster Erklärungsversuch für die Beobachtung wäre, dass sich in der blauen Region  kurzfristig ein Sensor des EKGs gelockert hat während in der orangen  Region der Brustgurt vielleicht nicht ganz ideal Kontakt hatte und der eine oder andere Herzschlag verpasst wude. Zumindest letzteres würde mit dem Ablauf der Untersuchung erklärbar sein:

Immer kurz bevor die Leistung erhöht wird, werden ein paar andere Größen gemessen. Zum einen der Blutdruck und zum anderen der Laktatgehalt im Blut. Für die Blutdruckmessung ist das Ausstrecken eines Armes notwendig und somit eine Lageveränderung während des Ergometerradelns. Diese ist zwar nicht dramatisch, könnte aber kurzfristig den Kontakt zwischen Elektroden und Brust etwas beeinträchtigen. Zeitlich würde die beobachtete Unterschätzung der Herzfrequenz durch den Suunto Sensor genau mit diesen Messung zusammenfallen.

Auch die blaue Region, in welche das EKG niedrigere Werte misst als der Suunto Sensor, liegt kurz vor einem solchen Leistungsanstieg. Ich glaube mich zwar dunkel zu erinnern, dass es Anfangs Probleme mit dem Halt eines EKG Sensors gab, allerdings ist die Untersuchung inzwischen zu lange her um dies mit Sicherheit sagen zu können.

Der Suunto HR Sensor unterschätzt leicht

Eine andere Methode sich die Ergebnisse anzusehen ist diese in einem Streudiagramm zu plotten. Dabei plotten wir für jeden Datenpunkt den vom EKG gemessenen Herzfrequenz Wert auf der x-Achse und jenen vom Suunto HR gemessenen auf der y-Achse. Im Idealfall lägen diese alle genau auf einer Linie, und war jener Diagonalen die im folgenden Diagram grau eingezeichnet ist:

Steudiagram für mit EKG und Suunto HR Sensor gemessene Herzfrequenz Werte.
Streudiagram für mit EKG und Suunto HR Sensor gemessene Herzfrequenz Werte.

Ganz ist dies nicht der Fall. Während dies im Bereich unter 120 Schlägen/Minute in etwa noch gegeben ist, liegen Werte darüber eher unterhalb dieser grau eingezeichneten Diagonalen. Der Suunto HR unterschätzt also die vom EKG gemessenen Werte leicht. Im Mittel um etwa 0.4 Schläge pro Minute. Das lässt sich auch noch auf andere Weise sichtbar machen, und zwar wenn man eine Gerade fittet deren Abstand zu allen Messpunkten minimal ist, im Plot oben Rot eingezeichnet. Hier ist ebenfalls zu sehen, dass diese etwas weniger stark ansteigt als der „Idealfall“.

Ebenfalls zu sehen sind die beiden Bereiche wo die Werte weniger übereinstimmen. Um sie deutlicher hervorzuheben habe ich die entsprechenden Datenpunkte in der jeweiligen Farbe des Bereichts eingefärbt – also blau für jenen wo das EKG niedrigere Herzfrequenzen als der Suunto Sensor zeigt, und rot in jenem Bereich wo es umgekehrt ist. Das sind auch jene Datenpunkt die am weitesten entfernt von der grauen Linie liegen.

Eine weitere Beobachtung die wir machen können ist, dass im Bereich wo das EKG unterhalb von etwa 110 Herzschlägen pro Minute misst, die Streuung etwas größer ist als im Bereich darüber. Hier liegen die Datenpunkte weiter von der grauen Linie entfernt als im Bereich über 110 Schläge pro Minute.

Zusammenfassen sind vielleicht der mittlere Fehler und der größte absolute Fehler die interessantesten Größen die beschreiben wie genau die Übereinstimmung ist. Im mittel misst der Suunto HR Sensor um 2 Schläge pro Minute „falsch“ (davon ausgehend, dass das EKG die korrekten Werte aufgezeichnet hat). Allerdings kann es punktuell unter Umständen zu deutlich höheren Abweichungen in jede Richtung kommen – im betrachteten Fall waren dies 12 Schläge pro Minute. Während der Sensor also zumeist sehr nah an den EKG Werten dran ist, gibt es vereinzelt Fälle wo dies nicht so ist (siehe zum Beispiel die blauen und roten Bereiche weiter oben). Ob dies nun ein Problem mit dem Sensor ist oder auf mangelnden Kontakt zwischen Brustgurt und Haut zurückführbar ist kann mit dieser Analyse nicht festgestellt werden.

Abschließendes

Die Auswertung legt nahe, dass die Standard HR Sensoren von Suunto grundsätzlich das Potential haben Ergebnisse ähnlich einer EKG Messung zu liefern – meiner Meinung nach ein gutes und auch unerwartetes Ergebnis. Punktuell kann es größere Unterschiede geben, und die Resultate legen nahe, dass der Sensor in Herzfrequenzbereichen über 110 Schläge pro Minute etwas exakter arbeitet als darunter. Eine kleine Unterschätzung der EKG Resultate trat ebenfalls zu Tage, allerdings ist diese, denke ich, vernachlässigbar.

Aber: Natürlich ist jede Schlussfolgerung die ich hier ziehen könnte limitiert durch ein paar Faktoren. Da wäre das Setup. Ich habe den Brustgurt einfach angelegt ohne speziell auf irgendwas zu achten, die Reproduzierbarkeit ist schon alleine deswegen nur bedingt gegeben.

Weiters ist die Untersuchung nicht unbedingt ein realistisches Szenario – abseits der Pulsmessung alle drei Minuten ändert sich die Haltung die man am Ergometer einnimmt wenig. Die Gefahr, dass der Kontakt zwischen Brustgurtelektroden und Haut schlechter wird, ist dadurch minimal. Ob man beim Laufen, Schwimmen oder Klettern ähnlich gute Ergebnisse erzielen wird kann ich nicht beurteilen, ich sehe aber zumindest von dieser Seite her potentielle Probleme die eventuell zu einer punktuellen Unterschätzung der Herzfrequenz führen können (sofern die Elektroden des Brustgurts durch verrutschen nicht dauerhaft schlechten Hautkontakt haben)

Abgesehen davon gab es nur diesen einen Messlauf und ich habe nur diesen einen Sensor getestet. Gut möglich, dass unter anderen Bedingungen, z.B. reduzierte Ladung der Sensorbatterie oder andere Brustgurtposition, oder mit einem anderen Sensor etwas andere Resultate gefunden worden wären.

Schließlich kommt bei den EKG Daten noch ein weiterer Umstand hinzu. Die Messdaten hatte ich nicht elektronisch erhalten sondern ausgedruckt auf Papier. Ich habe diese dann digitalisiert und fehlerhafte Datenpunkte die durch die Digitalisierung entstanden sind entfernt. Die EKG Messung und die Suunto Sensor Messung beginnen nicht gleichzeitig und ich hatte im Nachhinein keine Möglichkeit einen gemeinsamen Startpunkt direkt zu finden. Allerdings konnte ich beide Kurven gegeneinander verschieben bis die Abweichungen minimal waren. Es scheint eine sinnvolle Annahme zu sein, dies so durchzuführen, lässt allerdings die Möglichkeit zu, dass die Suunto Herzfrequenzdaten vielleicht etwas verzögert aufgenommen werden. Dies kann ich mit obiger Analyse also nicht feststellen, ändert aber nichts an den anderen Resultaten.

Alles in allem war ich positiv überrascht und werde bei zukünftigen Aktivitäten wohl etwas mehr (wenn auch nicht uneingeschränktes) Vertrauen in den Sensor haben.

Johannes Horak
Johannes Horak hat sein Physikstudium an der Universität Wien mit Schwerpunkt Quantennanophysik abgeschlossen. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Ernst-Mach-Institut auf dem Gebiet der Laser-Materie Wechselwirkung. Von Dezember 2015 bis Juni 2020 war er an der Universität Innsbruck tätig und beschäftigte sich mit der feineren Auflösung von globalen Klimamodellen in Gletscherregionen. Beginnend mit Juni 2020 arbeitet er für die Stadt Linz als Stadtklimatologe.

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