Eine kurze Geschichte des Neutrinos

Erste Beobachtung eines Neutrinos in einer Wasserstoffblasenkammer. Von Argonne National Laboratory (Image courtesy of Argonne National Laboratory) [Public domain], via Wikimedia Commons
Erste Beobachtung eines Neutrinos in einer Wasserstoffblasenkammer. | Bild: Argonne National Laboratory

Vor etwa eineinhalb Monaten wurden wieder die Nobelpreise verliehen, und jener in Physik ging an Takaaki Kajita und Arthur B. McDonald welche mit ihren Teams das Phänomen der Neutrinooszillation experimentell nachgewiesen haben. Da aber auch Neutrinos an sich schon faszinierende Teilchen sind, bietet sich ein Einstieg ganz am historischen Anfang an. Sehen wir uns also an wie Neutrinos entdeckt wurden. Da es in diesem Artikel auch um radioaktive Zerfallsprozesse gehen wird kann bei Unklarheiten zu Begriffen oder zur Notation ein Blick auf einen anderen Artikel hilfreich sein.

Ein unerwartetes Ergebnis

Das erste Indiz für ein noch unentdecktes Teilchen trat bei Untersuchungen von Radioaktivität zutage, irgendwie schien Energie verloren zu gehen – was laut Energieerhaltung absolut unmöglich war. Im Fall eines $\beta-$ Zerfalls (Beta Minus Zerfall) zerfällt ein Neutron $n$ in ein Proton $p$, Elektron $e^-$ und ein Anti-Elektron Neutrino $\bar{\text{v}}_e$:

\[ \ce{n} \rightarrow \ce{p}+\ce{e^-}+\ce{\bar{v}}_e \]

[expand title=“Zur Namensgebung des Neutrinos“]

Die genaue Klassifizierung des Neutrinos als Anti-Elektron Neutrino war in diesen Tagen natürlich noch nicht möglich, tatsächlich nannte man es ursprünglich sogar Neutron. Als ein Teilchen zu dem dieser Name besser passte entdeckt wurde dann Neutrino, und schließlich, unter anderem aus Konsistenzgründen, Antineutrino. Der Name blieb dann solange bis zwei andere Neutrinosorten entdeckt wurden – das Tau Neutrino und das Myon Neutrino. Heute ist klar, dass in obiger Reaktion das Antielektronneutrino vorkommt, und da wir dieses Wissen bereits haben, nennen wir es in Folge auch gleich so.

 

[/expand]

Meist wird bei solchen Untersuchungen allerdings nicht der Zerfall eines Neutrons beobachtet, sondern die Umwandlung eines gesamten Atomkerns. Dabei zerfällt ein Neutron im Kern entsprechend obiger Gleichung und Elektron und Antielektronneutrino verlassen diesen während das Proton im Kern zurückbleibt.

Beta- Zerfall führt also konkret zum Beispiel dazu, dass ein radioaktives Wasserstoffisotop genannt Tritium ($\ce{^3_1 H}$) sich in Helium-3 ($\ce{^3_2 He}$) umwandelt (Eine kurze Erklärung zu Begriffen wie Isotop und zur Notation findet sich wie erwähnt im Artikel zur Radioaktivität).

\[\ce{^3_1 H} \rightarrow \ce{^3_2 He}+\ce{e^-}+\ce{\bar{v}}_e \]

Versetzen wir uns also in die Situation der Forscher damals. Vom Anti-Elektron-Neutrino wusste man noch nichts und aus ihrer Sicht fand folgendes statt:

\[\ce{^3_1 H} \rightarrow \ce{^3_2 He}+\ce{e^-}\]

Nun lassen sich unter der Annahme, dass die Umwandlung genau so vor sich geht, experimentelle Vorhersagen ableiten. Hilfreich dabei sind Energie- und Impulserhaltung.

Das ursprüngliche Tritium hat eine gewisse Energie welche sich nach dem Zerfall auf die entstandenen Teilchen aufteilt, nichts geht verloren.

\[ E_\text{vorher} = E_\text{nachher}\]

Selbiges gilt für den Impuls. Die Summe der Impulse der entstandenen Teilchen muss gleich jenem des Tritiums sein. Berücksichtigt man all dies lässt sich eine Gleichung ableiten die angibt, welche Energie das Elektron nach dem Zerfall haben müsste. Diese hängt, wenn die Reaktion so stattfindet wie damals gedacht, nur von den Massen der an dem Zerfall beteiligten Teilchen ab!

\[ E_e=c^2\frac{m_\text{H}^2 – m_\text{He}^2+m_e^2}{2m_\text{H}}\]

Wir sehen: Alle Terme in dieser Gleichung sind konstant, denn sämtliche Massen sind fix und selbiges gilt für die Lichtgeschwindigkeit $c$ – also muss auch $E_e$ immer gleich sein!

Einsetzen von $c=299\;792\;458\;\text{m/s}$ und den Teilchenmassen (umgerechnet in kg) $m_\text{H}=3.01605\;\text{u}$, $m_\text{He}=3.01603\;\text{u}$ und $m_e=5.5\cdot 10^{-4}\;\text{u}$ ergibt, nach Umrechnung in eine in der Teilchenphysik gebräuchliche Einheit, $E_e=18.7\;\text{keV}$.

[expand title=“Wie kommt man auf diese Gleichung?“]

Um die Energie des Elektrons zu bestimmen müssen wir zunächst auf Ergebnisse der speziellen Relativitätstheorie zurückgreifen! Die Gesamtenergie eines Teilchens lässt sich in dieser beschreiben durch

\[ E = c \cdot \sqrt{m^2c^2+p^2}\]

wobei $c$ für die Lichtgeschwindigkeit steht, $m$ für die Teilchenmasse und $p$ für dessen relativistischen Impuls.

Das wohl populärste Resultat Einsteins ergibt sich übrigens für ein Teilchen welches sich von uns aus gesehen nicht bewegt, also $p=0$. Damit ist dessen gesamte Energie gegeben durch die sogenannte Ruheenergie

\[ E = m c^2 \]

Bei der Herleitung der vorigen Gleichung benötigen wir dies! Zunächst bedienen wir uns aber der Energieerhaltung. Die Gesamtenergie des Wasserstoffisotops vor dem Zerfall muss gleich sein der Summe der Gesamtenergie der Teilchen nach dem Zerfall:

\[ E_{H} = E_\text{He} + E_\text{e} \]

Am einfachsten ist die Rechnung im Ruhesystem (Laborsystem) des Wasserstoffisotops durchführbar, also dort wo dieses sich nicht bewegt und somit $p_H = 0$. Aus der Impulserhaltung können wir übrigens gleich eine weitere Folgerung ziehen! Da der Impuls vor dem Zerfall null war muss die Summe der Impulse nach dem Zerfall dies ebenfalls sein. Daraus folgt, dass

\[p_\text{He} = -p_\text{e} \]

Das werden wir später noch benötigen.

Ausgehend von der Energieerhaltung setzen wir jetzt ein

\[ m_\text{H}c^2 = E_e + c\cdot\sqrt{m_\text{He}^2c^2+p_\text{He}^2}\]

und als erstes formen wir minimal um

\[ E_e -m_\text{H}c^2 = -c\cdot\sqrt{m_\text{He}^2c^2+p_\text{He}^2} \]

Anschließend quadrieren wir alles und dividieren durch $c^2$

\[ \frac{E_e^2}{c^2}-2m_\text{H}E_e+m_\text{H}^2c^2=m_\text{He}^2c^2+p_\text{He}^2\]

Nun subtrahieren wir $p_\text{He}^2$ und lenken unsere Aufmerksamkeit auf den so entstehenden, der Übersicht halber geklammerten, Ausdruck links des Gleichheitszeichens:

\[ \left(\frac{E_e^2}{c^2}-p_\text{He}^2\right)-2m_\text{H}E_e+m_\text{H}^2c^2=m_\text{He}^2c^2\]

Aufgrund der Impulserhaltung können wir diesen nämlich, da ja $p_\text{He} = -p_\text{e}$, folgendermaßen umformulieren:

\[\frac{E_e^2}{c^2}-p_\text{He}^2=\frac{E_e^2}{c^2}-p_\text{e}^2\]

Verwenden wir nun einen Ausdruck den wir aus der Gleichung für die Gesamtenergie gewinnen:

\[E_e=c\cdot\sqrt{m_e^2 c^2+p_e^2} \Rightarrow\frac{E_e^2}{c^2}-p_\text{e}^2=m_e^2c^2\]

Nachdem wir den zuvor geklammerten Term damit ersetzen sind wir nur mehr eine Umformung vom Ziel entfernt:

\[m_e^2c^2-2m_\text{H} E_e+m_\text{H}^2c^2=m_\text{He}^2c^2\]

Wir lösen nach $E_e$ auf und erhalten

\[ E_e=c^2\frac{m_\text{H}^2 – m_\text{He}^2+m_e^2}{2m_\text{H}}\]

[/expand]

Eine Möglichkeit zur Überprüfung der getroffenen Annahmen ist nun, die Energie des Elektrons im Experiment zu messen, denn diese müsste konstant sein und immer $18.7\text{keV}$ betragen. Das stimmte allerdings nicht mit den Ergebnissen überein.

Erwartetes und gemessenes Energiespektrum des Elektrons beim Zerfall von Tritium. Quelle für Messspektrum: G. M. Lewis, Neutrinos (London: Wykeham, 1970) Seite 30.
Erwartetes und gemessenes Energiespektrum des Elektrons beim Zerfall von Tritium. Quelle für Messspektrum: G. M. Lewis, Neutrinos (London: Wykeham, 1970) Seite 30.

Das gemessene Energiespektrum unterscheidet sich deutlich vom erwarteten „Linienspektrum“. Als kleiner Trost kam zumindest heraus, dass die gemessene Elektronenenergie maximal die berechnete erreichte, Werte darüber wurden nicht festgestellt. Man stand also vor dem Problem, dass scheinbar doch irgendwo Energie verloren ging.

Ein Erklärungsversuch

Das warf nun die Frage auf was man übersehen hatte. Wurde bei radioaktiven Zerfällen nun wirklich die Energieerhaltung verletzt wie Niels Bohr vorschlug? Wolfgang Pauli war anderer Meinung und lieferte im Dezember 1930 in einem berühmt gewordenen Brief, adressiert an „Liebe Radioaktive Damen und Herren„, eine mögliche Lösung. Er vermutete, dass ein noch unbekanntes Teilchen bei dem Zerfall entstünde das er ursprünglich Neutron nannte (denn was wir heute also Neutron kennen wurde erst zu einem späteren Zeitpunkt entdeckt), und erst später seinen heutigen Namen Anti-Elektron-Neutrino bekam.

Dieses schwer zu fassende Teilchen sollte elektrisch neutral sein und nur sehr schwach mit Materie wechselwirken. Pauli rechnete später damit, dass es nie gemessen werden würde, und so blieb es auch für die folgenden Jahrzehnte.

Die erste Messung

1956 waren zumindest schon ein paar konkretere Indizien, zum Beispiel, dass das Anti-Elektron-Neutrino, so es denn existierte, nicht sein eigenes Antiteilchen sein konnte, bekannt. Auch gab weitere indirekte Hinweise auf das Teilchen, das sich dennoch jeder direkten Messung entzog. Zusätzlich waren weitere Prozesse bekannt geworden bei denen die Energiebilanz nahelegte, dass Neutrinos entstünden.

Reines und Cowan hatten schließlich die sprichwörtlich zündende Idee für ein Experiment mit welchem der direkte Nachweis des heute Anti-Elektron-Neutrino $\bar{\nu}_e$ genannten Teilchens endlich gelingen sollte. Sie wollten den Neutrino Fluss der durch die Explosion einer Atombombe enstand zum Nachweis nutzen. Dieses Experiment war bereits geplant und genehmigt. Jedoch fanden die beiden doch noch einen anderen Weg um mit einer etwas konstanteren, und nicht ganz so explosiven, Quelle zu arbeiten.

Diese fand sich in Gestalt eines Reaktors des Savannah River Nuklearkraftwerks in den USA. Mit den dort freigesetzten $\bar{\nu}_e$ planten sie eine Reaktion in Gang zu setzen die nur stattfindet wenn ein Anti-Elektronneutrino mit einem Proton wechselwirkt. Die dabei entstehenden Teilchen, ein Neutron $n$ und ein Positron $e^+$ waren bekannt und über die Gammastrahlung die bei weiteren Wechselwirkungen entsteht nachweisbar.

\[ \ce{p}+\ce{\bar{\nu}}_e\rightarrow\ce{n}+\ce{e^+}\]

Der Aufbau sah nun – vereinfacht skizziert – vor, dass nahe dem Reaktor ein Tank mit Wasser in dem Cadmiumchlorid ($\text{CdCl}_2$) gelöst war platziert würde. Ein Neutrino würde dort nun, falls es wechselwirkt, mit einem Proton, das den Kern eines Wasserstoffatoms bildet, reagieren und dabei ein positiv geladenen Positron und ein neutrales Neutron bilden. Das Positron annihiliert schließlich mit einem Elektron im Wasser zu Gammastrahlung, dh. die beiden Teilchen löschen sich aus und zwei energiereiche Photonen mit einer Energie von $511\;\text{keV}$ bleiben übrig welche mit zweistufigen Detektoren erfasst werden können.

Das Neutron wandert noch kurze Zeit (wenige Mikrosekunden) durch die Lösung und wird dann vom Cadmium eingefangen. Im Zuge dessen werden mehrere Gammastrahlen abgegeben welche ebenfalls detektiert werden und insgesammt eine Energie von $9\;\text{MeV}$ tragen.

Messaufbau von Reines und Cowan zur Detektion des Antineutrinos. Ein Antielektronneutrino aus dem Reaktor wechselwirkt mit einem Proton im Wasser-Cadmiumchlorid Tank wodurch ein Neutron und ein Positron entstehen. Das Positron annihiliert mit einem Elektron im Wasser und gibt dabei Gammastrahlung ab. Das Neutron wird nach einigen Stößen mit Molekülen in der Lösung von Cadmium eingefangen wobei ebenfalls Gammastrahlung abgegeben wird.
Messaufbau von Reines und Cowan zur Detektion des Antineutrinos. Ein Antielektronneutrino aus dem Reaktor wechselwirkt mit einem Proton im Wasser-Cadmiumchlorid Tank wodurch ein Neutron und ein Positron entstehen. Das Positron annihiliert mit einem Elektron im Wasser und gibt dabei Gammastrahlung ab. Das Neutron wird nach einigen Stößen mit Molekülen in der Lösung von Cadmium eingefangen wobei ebenfalls Gammastrahlung abgegeben wird.

Das einzige Problem dabei: Dadurch, dass Neutrinos so wenig mit Materie wechselwirken rechneten die beiden Wissenschafter nur mit ein paar wenigen Reaktionen pro Stunde. Wie gering diese Wechselwirkung ist, lässt sich vielleicht am ehesten so veranschaulichen:

In der Sonne werden aufgrund nuklearer Prozesse laufen Elektron-Neutrinos produziert. Jede Sekunde durchdringen dabei ca. 65 Milliarden solarer Elektron-Neutrinos eine Fläche die etwa so groß ist wie ein Daumennagel (Bahcall 2005). Dabei macht es auch keinen Unterschied ob man auf der gerade der Sonne zugewandten Seite befindet oder nicht, sie sausen beinahe ungehindert durch die gesamte Erde durch.

Bei einem durch den Reaktor verursachten Anti-Elektron-Neutrinofluss von $1.2\cdot 10^{13}\;\text{cm}^{-2}\text{s}^{-1}$ errechneten Reines und Cowan, dass sie für ihren Versuchsaufbau etwa $3$ solcher Reaktionen von $\bar{\nu}_e$ mit $p$ pro Stunde(!) erwarten könnten. Daher war es wichtig eine klare zeitliche Abfolge von Gammastrahlen genau definierter Energie zu haben nach der man Ausschau halten konnte. Dies lieferte einen Weg um die gesuchte Signalfolge von allen anderen die sonst stattfinden – dem Hintergrundrauschen – zu unterscheiden.

Die Signalabfolge welche nur durch ein vom Reaktor kommendes Neutrino ausgelöst werden kann. Zwischen Positronannihilation und Neutroneinfang liegen 5.5\;\mu\text{s}.
Die Signalabfolge welche nur durch ein vom Reaktor kommendes Neutrino ausgelöst werden kann. Zwischen Positronannihilation und Neutroneinfang liegen $5.5\;\mu\text{s}$. Die von zwei Detektoren unabhängig voneinander gemessene Signalabfolge welche so nur durch ein vom Reaktor kommendes Neutrino ausgelöst werden kann. Zwischen Positronannihilation und Neutroneinfang liegen $5.5\;\mu\text{s}$. Nach Abbildung 2 in Reines, Cowan 1956.

Tatsächlich fanden sie, nachdem das Experiment für fast 1400 Stunden gelaufen war, Signale wie in der vorigen Abbildung gezeigt. Reines und Cowan zählten dieser $2.88\pm 0.22$ pro Stunde – eine sehr gute Übereinstimmung mit der vorhergesagten Rate von 3 pro Stunde.

Natürlich reicht das auffinden der Signalfolge alleine noch nicht aus. Immerhin, könnte jemand einwenden, wären ja noch andere Ursachen denkbar! Das war Reines und Cowan natürlich bewusst und so führten sie noch weitere Tests durch um so gut wie möglich nachzuweisen, dass das Signal so nur von Anti-Elektron-Neutrinos aus dem Reaktor entstehen könnte.

Ob ein Positron das in der Lösung mit einem Elektron annihiliert tatsächlich eine Signalspitze wie in obiger Abbildung gezeigt produziert, wurde mit einer Positronenquelle die in die Lösung eingebracht wurde nachgeprüft und verifiziert. War wirklich ein vom Cadmium eingefangenes Neutron für die zweite größere Signalspitze verantwortlich? Reines und Cowan mixten im Prinzip einfach mehr Cadmium in die Flüssigkeit und erhöhten somit die Wahrscheinlichkeit, dass ein Neutron eingefangen würde. Sie erwarteten sich, dass der Abstand zwischen den Signalspitzen schrumpfen müsste und stellten genau dies fest. Entstand die Signalfolge vielleicht einfach hin und wieder zufällig durch Neutronen und Gammastrahlung aus dem Reaktor? Zusätzliche Abschirmung zwischen Reaktor und Versuchsaufbau wurde eingebaut um solche „Störungen“ zu vermeiden. Die Signalfolge wurde unverändert weiter beobachtet. Der experimentelle Aufbau bestand diese und noch viele weitere Tests positiv.

Somit war der erste direkte Nachweis, dass es tatsächlich etwas gibt, das die Eigenschaften des (Anti-Elektron-)Neutrinos hat. 26 Jahre nach Paulis Hypothese und zwei Jahre vor seinem Tod war es endlich gelungen des Teilchens habhaft zu werden. Für diese Leistung gab es dann fast 40 Jahre später 1995 den Nobelpreis für Frederick Reines. Cowan verstarb leider bereits bevor ihm diese Ehrung zuteil geworden wäre.

Das Paper von Reines & Cowan im Jahr 1956 endete schließlich mit den fünf Dingen die damals über das Anti-Elektron-Neutrino bekannt waren:

  • Spin 1/2
  • Masse < 1/500 Elektronmassen
  • elektrisch neutral
  • Wirkungsquerschnitt für die in ihrem Experiment analysierte Reaktion: $10^{-43}\;\text{cm}^{-2}$.
  • Das Elektronneutrino ist nicht dasselbe wie das Antielektronneutrino.

In den nächsten Jahren sollte sich einiges auf diesem Gebiet tun aber eines der größten Mysterien – das solare Neutrinoproblem – würde erst Jahrzehnte später gelüftet werden. Dabei geht es um die Diskrepanz zwischen von der Sonne laut Sonnenmodellen erzeugten Neutrinos, und tatsächlich auf der Erde detektierten. Dazu aber mehr im nächsten Artikel.

Literatur

Wolfgang Pauli, 1930 – Offener Brief an die Gruppe der Radioaktiven bei der Gauvereins-Tagung zu Tübingen.

F. Reines, C. L. Cowan, 1956 – The Neutrino.

F. Reines, C. L. Cowan, F.B. Harrison, A.D. McGuire and H. W. Kruse, 1960 – Detection Of The Free Antineutrino.

Los Alamos Science, 1997 – The Reines-Cowan Experiments – Detecting The Poltergeist.

John N. Bahcall, Aldo M. Serenelli, Sarbani Basu, 2005 – New solar opacities, abundances, helioseismology, and neutrino fluxes.

David Griffiths – Introduction to Elementary Particles.

Norbert Schmitz – Neutrinophysik.

Johannes Horak
Johannes Horak hat sein Physikstudium an der Universität Wien mit Schwerpunkt Quantennanophysik abgeschlossen. Anschließend arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer Ernst-Mach-Institut auf dem Gebiet der Laser-Materie Wechselwirkung. Von Dezember 2015 bis Juni 2020 war er an der Universität Innsbruck tätig und beschäftigte sich mit der feineren Auflösung von globalen Klimamodellen in Gletscherregionen. Beginnend mit Juni 2020 arbeitet er für die Stadt Linz als Stadtklimatologe.

5 Kommentare

  1. Kleiner Druckfehler:
    Nachdem wir den zuvor geklammerten Term damit ersetzen sind wir nur mehr eine Umformung vom Ziel entfernt:

    m(e)^2•c^2−2•m(H)•E(e)+m(H)^2•c^2=m(He)^2•c^2

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